KUNST
IST
DAS
FEUER,
DAS
SICH
UM
UNSERER LEBENDIGKEIT
WILLEN ENTFACHT
UND
ÜBER
JEGLICHES DIKTAT
ERHEBT!

 

MARION JACHMANN

 

 

Der Ort in unserem Inneren, aus dem unsere Träume und Visionen kommen und dem

wir uns bei Musik leichter nähern und öffnen, ist ein Raum, der uns zu unserer eigenen 

Schöpferkraft und zu uns selbst führen kann.

 

OFFEN SEIN, SICH EINFÜHLEN, NEUES FINDEN – BEIM MALEN WIE IM LEBEN

 

Was auf der Leinwand geschieht, entwickelt sich bei Musik. Unvorhersehbar kommen beim Zusammenspiel von Musik und Farben abstrakte Kompositionen zustande, wenn ich mich auf den spürbaren Moment, meiner Intuition folgend, einlasse.

Manchmal spontan, manchmal herantastend, mehrschichtige Fantasie aktivierende Untergründe weiterbearbeitend oder auch Figuren erahnend, ohne vorher das Ergebnis zu kennen, kann sich, wenn ich meine Intuition mit Achtsamkeit wahrnehme, am Ende ein beglückendes Gefühl, aus den eigenen inneren Quellen geschöpft und etwas Individuelles

geschaffen zu haben, einstellen.

 

In einer Atmosphäre der Konzentration und des sensitiven Erspürens werden „innere Bilder“ nach außen transportiert und es entstehen Bildkompositionen, die aus eigener Ordnung leben. Kein Diktat darf diesen Prozess behindern, bei dem Musik das vermittelnde Element zwischen Innen und Außen ist und der sich je nach Stimmung manchmal leidenschaftlich und intensiv wie ein Feuer ausbreitet oder vorsichtig und verhalten, immer aber nicht vorhersehbar. Farben, Formen, Strukturen fließen „ über die Musik“ auf die Leinwand.

Man fühlt sich „zwischengeschaltet“ während dieser Geschehnisse, wie ein Medium.

 

Freude, innerer Frieden und ein Gefühl von Lebendigkeit stellen sich danach ein.

 

Zu meinen Büchern (Wort – Bild – Kompositionen), in denen es um Liebe, Freiheit, Selbstentfaltung, Lebendigkeit, Glück, Kreativität und Kunst geht, haben mich teilweise tiefgründige Sprüche und Bücher (z.B. von Alice Miller, Arno Gruen, Eric Berne, Alexander Jean-maire…) inspiriert.

 

Die Vorstellung, dass ein harmonischeres Miteinander mit authentischen Menschen funktionieren könnte, nahm in Variationen Gestalt an.

Hierbei wurden Ursachen für den Verlust der Empathiefähigkeit im Zusammenhang mit Harmonie- und Demokratiefähigkeit und die Auswirkungen in Macht – Ohnmacht – Konstellationen (siehe Kurzinhalte der Bücher), beleuchtet.

 

Mal etwas ernster, meist aber in heiteren Tönen variieren die oben genannten Themen in meinen Geschichten. Manchmal sind es Probleme des Zusammenlebens, manchmal Sehnsüchte, Träume und Befindlichkeiten von Kindern und Erwachsenen und manchmal geht es einfach um die pure Lebens- und Experimentierfreude beim freien spielerischen Entfalten.

 

Ich glaube, dass alles, was der Selbstfindung dient, für ein sensibleres Miteinander hilfreich sein kann, denn, wie Adorno sagt: „ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“

 

Eine der wichtigsten Aufgaben der Kunst scheint mir die Hilfe zur Selbstreflexion und Selbstfindung zu sein, wenn man sich eine befreiende Wirkung erhofft.  

In uns allen ist der Wunsch nach Selbstentfaltung und Lebendigkeit. Unsere eigene Kreativität aufzuspüren und sie vielleicht sogar zur Kunst werden zu lassen, ist das größte Geschenk, das wir uns und der Welt machen können.

 

Vielleicht ist Kunst die Sehnsucht des Lebens nach sich selbst?

Michael Thomas 

“Inside - Outside" 
Laudatio für Marion Jachmann, 22. 3. 2015 Luckenwalde   

 

… Als Soziologe bin ich seit einiger Zeit, gerade auch im Brandenburger Land, Neuem auf der Spur, Änderungen, kreativen Impulsen: Einer anderen, zukunftsfähigen  Entwicklung oder auch Transformation. „Zukunft erfinden“, Un-Möglichkeiten erschließen. Dabei gibt es häufiger Begegnungen, auch Kooperationen mit Künstlerinnen und Künstlern, und es findet sich durchaus eine große inhaltliche Schnittmenge  zwischen Form und Transformation. 

 

Wollen wir in Gesellschaft und Lebenswelt möglichst Verwerfungen abtragen, die seit  mehr als 400 Jahren moderne Gesellschaften, moderne Menschen in einer selbstzerstörerischen Spirale von Machbarkeit und Beherrschbarkeit binden, so zeigt sich  hier nicht nur eine große Nähe zu Marion Jachmann, sie selbst ist zugleich weit radikaler, geht tiefer und trägt sozusagen die Schichten ab verstellter Individualität, blockierter Subjektivität. Dies aber nicht als Rückzug oder Flucht, wie es immer wieder  in Sinnsprüchen heißt, sondern mit Blick auf Welt: Es ist quasi so eine Brücke zwischen Empathie und Demokratie. „Wenn man die Welt als ein Gefüge aus Macht und  Ohnmacht sieht und seine Augen vor dem Leid nicht verschließt, muss man doch  wahrnehmen, dass das Leid mit der Empathieunfähigkeit der Mächtigen zu tun hat.“  (aus „Kunst belebt").   

 

Da hat man dann freilich seine rationalen Einwände aus Geschichte und Gegenwart,  ihren Argumenten, sprich: ihren Bildern, kann man sich aber schwerlich entziehen.  Der sinnlichen Kraft will man sich durchaus hingeben: Wäre doch schön, kann doch  mal gelingen. Diesen Konjunktiv muss man sich erhalten, sonst bleibt nur der Trübsinn belehrter Rationalität. Ihre Bilder helfen. 

 

Beispielsweise sind es vielfach Köpfe, Gesichter, knappe Posen, welche den Konflikt,  der mangelnder Empathie entspringt, unmittelbar sichtbar machen. Mal nur der  Mund, mal der Blick, mal ein hintergründiger Witz in skurrilen Paaren. Die großen  Köpfe mit leeren Augen  ... Und diese Köpfe oder Gesichter, sie kommen einem  gleichsam aus dem Bild entgegen, womit sich ein zweiter Anlauf aufdrängt. lm bemerkenswerten Film von Edgar Reitz, Die andere Heimat. Chronik einer Sehnsucht,  beobachtet der junge Jacob die Trecks der Auswanderer, die angesichts anhaltender  Hungersnöte das Hunsrückdorf Schabbach verlassen und in Südamerika ihre Zukunft suchen. Sein erstaunter, empörter Ausruf: „Die nehme ja allet mit, die nehme ja  sogar ihre Nachtöpp mit. Dat is doch keene Freiheitl“ 

 

Es sind nicht nur die Bilder von Marion Jachmann, die hier die „Passung“ gebracht,  die Erinnerung stimuliert haben; genau dies ist auch ihr Anspruch: Wo Jacob die Unfreiheit, Deformation der Heimat beklagt, eine Lebenswelt, die zusammengehalten  wird durch Einordnung und Folgsamkeit, und wo er einen Ausweg in Imagination  oder der verbotenen Welt der Bücher sucht, wo der Philosoph eine neue Welt erst  dann finden kann, wenn er die alte bewusst verloren hat, wenn Lebensweltvergessenheit skandalisiert wird, da will die Künstlerin den „eigenen emotionalen Käfig aufsprengen“. Es ist die ewige Suche nach dem Schlüssel, der unter schweren Sandschichten vergraben ist: „Der Schlüssel ist vergraben sehr tief in schwarzer Erd'. Der  Schlüssel ist gemieden, weil Schmerz sonst aufgewühlt.“ Nur so aber, durch den  Schmerz, kommt man ins Zentrum seiner Kreativität. „Wenn sich Denken und Fühlen  von der Unterdrückung befreien, Selbstfindung Erleuchtung bewirkt, kann Fantasie  Flügel bekommen.“ Intuition wird zu kreativer Äußerung.

 

Häufig sind es gleichsam explodierende Farben, sind es Eruptionen und ist es ein  Rot, die/das - auch in den vielen kleinen Büchern, die mir beim ersten Besuch in ihrem Atelier ins Auge gesprungen sind - positiv, befreiend, ermutigend wirken. Es ist ein besonderes Licht - gleichsam hinter den Bildern -, welches die Farben trägt,  nicht selten in eine Dimension des Sakralen. Vielleicht also stimmt es, wie in einem  der von ihr zusammengestellten Sprüche zu lesen: „Farbe ist der direkte Weg zum  Herzen“; und es ist dann genau dieser emotionale Zugang, der erst in die Bilder führt.  So hat sie ja auch eingeladen: „KUNST ist das FEUER..."  Und es ist eben diese positive, diese bejahende Ausdrucksweise, die einem den offenen Zugang ermöglicht:  Es scheint gelungene Selbstfindung und eine weite Fantasie. 

 

Farbe ist das eine. Marion Jachmann verweist auch immer wieder auf die Musik, die  für sie die Bilder sozusagen auslöst und sich in ihnen manifestiert. Musik als leitendes Medium, um das Unterbewusste hervor zu holen, der „inneren Stimme“ Kraft zu  geben. .Auch dies verbindet sich für mich eher mit einer bejahenden Stimmung,  kaum etwas grell oder schrill; nicht offene Provokation, eher subtile Anregung und  Einladung zur Selbstreflexion. Einzelne Bilder lassen sich gleichsam hören. Vielleicht  gelingt es, die Stimmung aufzunehmen und auf Resonanz zu setzen. Der Bogen wird  ja gleich am Piano noch direkt geschlagen/angeschlagen. 

 

Bemerkenswert ist an manchen Bildern, dass sich in den Abstraktionen Figuratives  erkennen lässt, Konturen und Schichtungen, die wohl nicht nur unabsichtliche Übermalungen sind. Vielleicht geht es gar nicht so trennscharf, abstrakt - konkret. Man  macht sich unwillkürlich auf die Suche und schafft sich so vielleicht seine eigenen  Bilder: Radikal subjektiv, vertrauend der eigenen Fantasie, den eigenen Emotionen

 

Schließlich, wenn Marion Jachmann betont, dass die Bilder zumeist nicht fertig sind,  kein definierter und intendierter Endzustand, dann liegt auch darin eine Ermunterung,  sich also auf die Suche zu machen. 

Ich gebe zu, dass mich diese lebensbejahende, ja irgendwie naiv-freudige Farb- und  Bilderwelt überrascht und dass sie mich auch erleichtert hat. Von den Büchlein, die  Titel haben wie „Einfach glücklich“, „frei sein ...", Meine Welt ist schön“ oder „Träume  leben“ wäre das ebenso zu sagen. Man glaubt das Lächeln, das man hier sieht.  Überraschung und Erleichterung haben ihren mehrfachen Grund, einen sehr persönlichen und einen eher philosophischen.

 

Der persönliche. Wenn man über Jahre in naher Nachbarschaft gelebt hat, zumindest an der Oberfläche auch die jeweilige Familiengeschichte kennt, dann kann man  nur überrascht sein, wie viel trotz solcher Nähe verborgen geblieben ist. Der Nachbar, die Nachbarin ist der/die erste Andere außerhalb des eigenen Milieus, aber eben  auch der/die erste Fremde. Es ist nicht ihre Art, nach außen zu treten, trotz einiger  Ausstellungen in den letzten Jahrzehnten. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass  Marion Jachmann sich vieles selbst, gegen Widerstände aneignen, auch erkämpfen  musste.  Ich jedenfalls, unterwegs überall in Brandenburg und eher mit einigem Argwohn in meinem alten Heimatdorf, wurde zum Schauen gezwungen - glücklicherweise.

 

 Weniger die Überraschung, mehr eine Erleichterung ist mit dem philosophischen Hintergrund verbunden. Auf diesen Hintergrund verweist die Künstlerin immer wieder;  ich lese den Titel der Ausstellung so, wie sich aber auch unter den Bildern mehr als  die eine direkte Hommage findet: Alice Miller. 

 

Mit der Kindheitsforscherin und Psychologin Alice Miller, welche für Marion Jachmann unmittelbar, persönlich Bestätigung und Ermutigung war, eine „transparente  Schnittstelle zwischen Kunst und psychologisch fundierten Erkenntnissen entstehen  zu lassen“, ist eben auch eine starke Zumutung gesetzt. Radikal hat Alice Miller Tabus aufgebrochen, wenngleich solche bis heute längst nicht verschwunden sind, und  vor allem Gewalt, Verletzung von Kind, Kindheit oder kindlicher Lebenswelt zum  Kernthema erhoben. Hier trifft sich eben die eigene Geschichte von Marion Jachmann, und hier bauen sich durchaus immer wieder Barrieren auf.

 

Kann, muss man sich darauf einlassen? Leicht ist das nicht, und es sind eben auch  gute rationale Argumente, die einen solchen Weg ins Innerliche verstellen. Alice Miller musste so radikal votieren, um überhaupt gehört zu werden - und sie wurde zu  wenig gehört, bis heute eben: Kindheitsverletzungen gelten eher als Bagatellfälle.  Kein Beinbruch also. 

 

Aber Alice Miller ist eben auch extrem deterministisch, monokausal; Kindheitsverletzungen sind wohl auch nicht Auslöser jeder Krankheit. Und dennoch: 

Wenn ich eingangs von den Schattenseiten über 400 Jahre moderner Entwicklung  gesprochen habe, so ist aber eben auch diese Gewalt gegen Kinder eine jahrhundertelang tradierte Spirale. Und so soll, kann Kunst zur Therapie werden. Nicht zufällig  spielte/spielt Kreativ- und Sozialarbeit mit Kindern und Jugendlichen eine Rolle. „Vielleicht“, heißt es bei Marion Jachmann, „ist Kunst die Sehnsucht des Lebens nach  sich selbst.“ 

 

Schließlich ist es Selbstfindung. Der aufgeklärte Philosoph würde bekanntlich formulieren, „habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Bei Marion Jachmann ist mehr gefordert: Habe Mut, deinen eigenen Gefühlen zu folgen! Versuche,  „das innere Kind" zu aktivieren! 

 

Die Künstlerin ist nicht im Inneren stecken geblieben, oder im begleitenden seelischen Schmerz, der zu Selbstfindung und Suche nach dem Schlüssel gehört. Sie hat  es ganz offensichtlich geschafft, die innere Autonomie zu finden, die Voraussetzung  ist für Kreativität, für Fantasie. Möge genau die Flügel bekommen. 

 

Denn es ist aktuell naheliegend, noch einmal in die Welt zu blicken. Marion Jachmann zitiert Franz Kafka: „Krieg ist das Ergebnis entsetzlicher Fantasielosigkeit.“  Dem möchte man unbedingt zustimmen, im politischen Jargon heißt das dann „alternativlos“; es zählt immer nur die Meinung der Mächtigen. Zugleich muss man auch  Angst davor haben, was eine kranke Fantasie noch alles hervor bringt. Es steht, so  scheint es, Spitz auf Knopf. Die Fantasie hat sich wohl wieder einmal die Flügel verbrannt. Wir brauchen jede Anregung, jede Ermutigung. 

 

Kunst belebt, getragen von der Sehnsucht des Lebens. Bei Maxi Wander heißt es  sehr schön und auch ermutigend: „Es bleibt eine Frage der Kraft, wie man zu diesem  Leben steht. Klar: Wenn man nicht das Gefühl hat, dass sich wenigstens im Kleinen  was verändert, dass man selber irgendwas verbessern kann, müsste man sich einen  Strick nehmen!  Ich hab bestimmt sehr vieles gründlich falsch gemacht, aber auf eines bin ich beinahe stolz, dass ich die Hoffnung nicht verliere, immer wieder aufstehe  und sage: Die Menschen werden es schaffen, sie werden lernen, ihr Leben zu gestalten.“ Das meint offenbar ganz tief im Innern auch Marion Jachmann. Und, mehr  noch, das trifft zu auf ihre sehr schönen Bilder, die genauso anregend und ermutigend sind. 

 

Lassen sie mich schließen mit einem Spruch, den ich dem genannten Heft von Marion Jachmann entnommen habe. Er zeigt, wie unsinnig es wäre, noch mehr Worte zu  versuchen, oder gar Deutungen als irgendwie verbindlich zu formulieren. Heinrich  Brockmeier: „Wenn doch nur der lnterpretationszwang nicht wäre, unter dem die Betrachter stehen. Wenn ein Kunstwerk mit einem ganz bestimmten Gemütszustand  eines Betrachters zusammentrifft und daraus Funken schlägt, dann ist doch völlig  piepe, in welche Kategorie oder Weltklasse die professionellen Kunstschreiber dieses Kunstwerk einordnen.“ 

 

 

Diesen Zusammenklang habe ich, wie schon betont, empfunden. Lauschen wir dem  Piano und folgen wir den Bildern. Ich freue mich darauf und bedanke mich bei einer  beeindruckenden und sympathischen Künstlerin.